Eine prägende Epoche unter GMD Kamdzhalov geht beim Heidelberger Frühling zu Ende

Heidelberg [ENA] Der Generalmusikdirektor Yordan Kamdzhalov wurde vom Oberbürgermeisters der Stadt Heidelberg aufgrund seiner hervorragenden künstlerischen Arbeiten und dem riesen Publikumserfolg – höchste Platzauslastung in der offiziellen Statistik des Theaters und Orchesters Heidelberg
weiterhin als 1. Gastdirigenten verpflichtet. Im 6. Philharmonischen Konzert der Heidelberger Philharmoniker im Rahmen des Musikfestivals „Heidelberger Frühling“ wurde ein dramaturgisch hoch interessantes Programm der Gegensätze aufgeführt. Zum einen aus Maurice Ravels Daphnis und Cloé die 2. Suite und die beeindruckende, tief berührende Symphonie Nr. 3 „die Symphonie der Klagelieder“ von H.M. Górecki. Am Beginn der 2. Suite steht „Lever du jour“, der Anbruch des Tages. Es beginnt „Lent“, der Anfang ist überschrieben mit „Aucun bruit que le murmure des ruisselets amassées par la rosée qui coule des roches“ („Kein Geräusch außer dem Murmeln des angesammelten Bächleins von Tau, das über die Felsen fließt“).
Die ganze Bandbreite musikalischer Klangfarben zwischen kraftvoller Expressivität und feinfühliger Intimität wenn sich Leidenschaft und Ruhe so unglaublich eng miteinander verbindet. Im zweiten Teil der Suite, der „Pantomime“, der getanzten Parabel von Pan und Syrinx, zeichnet Ravel das Bild von der Geburt der Flöte nach und raffiniert wechselnden musikalischen Stimmungen und Motiven in seinem Werk. Der abschließende dritte Teil „Danse générale“ ist ein bacchantischer Reigen im Stile, der für wenige Augenblicke unterbrochen wird und bricht in einem extaseartigen Tanz aus. Eines der zentralen Motive der Suite, das immer wieder in neue Gestalt auftaucht, symbolisiert die Liebe von Daphnis und Cloé.
Das Orchester unter der Leitung von Kamdzhalov hat die sehr anspruchsvolle Partitur besonders farbig, prächtig, differenziert, packend und engagiert gespielt. Der erste Teil ging schon mit großem Beifall zu Ende bevor es zum 2. Teil des Konzertes überging. Offenbar schien schon hier eine perfekte Zusammenarbeit, technisch, musikalisch und menschlich zwischen Dirigent und dem Orchester. Nach der Pause stand das erfolgreichste Werk des polnischen Komponisten Henryk Mikołaj Górecki die 3. Sinfonie ( Symphonie der Klagelieder ) mit ihren drei langsam gehaltenen Sätzen ( Lento – Lento – Lento ) in einem stetigen Fluss auf dem Programm.
Rinnat Moriah
Rinnat Moriah
Inhaltlich liegen diese drei Sätze drei polnischen Texten zugrunde in der es sich beim ersten Satz um das Klagelied Marias handelt, ein Text aus dem Kloster Heiligkreuz auf dem Berg Łysa Góra. Im zweiten Satz ein Gebet welches sich im Keller des Gestapo – Hauptquartiers in Zakopane an einer Wand gefunden wurde. Der letzte Text ist ein oberschlesisches Volkslied aus der Zeit der polnischen Aufstände. Eine Mutter klagt über den Tod ihres Sohnes. Eine dramatisches und emotionales Ereignis welches sich auch in der Musik wiederspiegelt.
Der erste Satz bestehend aus einem gewaltigen, brodelnden Kanon über einem ruhig und gelassen daher schreitenden Grundmotiv, ein selbstgewisser Gesang, wie das langsame Schlagen eines Herzens. Es beginnt irgendwo in einem unbestimmbaren Dunkel, bis, ganz behutsam, die Streicher einigermaßen hörbar einsetzen, der dann gemächlich durch das Orchester wandert, immer mehr und mehr Stimmen des Orchesters infiziert (10 Stimmen), dabei fort und fort ein wenig höher steigt, zu einer Art von ruhiger Ekstase, in die dann, vollkommen unerwartet die Stimme der Sopranistin Rinnat Moriah auftaucht.
Ein ruhiges Gleiten des Orchesters mehr als ein Schreiten, es wirkt nur so ungeheuerlich durch den Gegensatz und das ineinander von unendlicher Ruhe und der überfließenden Leidenschaft des Soprans. Rinnat Moriah fasziniert mit einer extrem konzertierten hingebungsvollen berührenden Darbietung und dabei hat sie eine großartige vokale Stimmberherschung. Inne gehalten und mich in die sensible emotionale Klangwelt hineingehört, während Rinnat Moriah mit ihrer unglaublichen Stimme: „moja nadzieja mila“ sang bevor das ganze Orchester wieder einsetzte. Ihr dezenter und hochintensiver Kontakt mit dem Dirigent, der wahnsinnig minimalistisch dirigierte, sprach für ein topfunktionierendes Team was zur Verschmelzung zwischen Dirigent,
Solistin und Orchester führte. Die Musik ist ein Ausdruck unendlicher Sehnsucht, der sich, irgendwie, in einen kaum auszuhaltenden Schmerz auflöst, oder ein Schmerz, der sich in Sehnsucht auflöst. Es war zu spüren das Y. Kamdzhalov sich komplett mit diesem musikalischen Prozess so verinnerlicht hat und ist faszinierend, dass man ohne Partitur mit so ein Übersicht so ein Werk 100%-ig souverän dirigieren kann. Dadurch entsteht eine ganz andere Art von Führung, Spannung und Intensität, was man kaum kennt – pure Genialität. Kamdzhalovs seltener spezifische Dirigierstil wurde vom weltbedeutenden Komponisten Peteris Vasks als "Vulkan und Asket " in paradoxaler Einheit charakterisiert.
Y. Kamdzhalov erzeugte eine extreme interne Kommunikation und Spannung. Dadurch erreichte er gleichzeitig eine außerordentliche Kontrolle und Freiheit und schaffte so Bedingungen für eine schockierende schreiende Stille während und am Ende des Stückes. Somit hat er sein Ziel vollständig erreicht: „Ich arbeite für die Stille. Das ist für mich das eigentliche Kriterium für Erfolg.“ Ein Dirigent den Raum vollkommen beherscht! Zum Schluss langhaltender Applaus und Standing Ovation für Solistin Rinnat Moriah, dem Philharmonischen Orchester und dem Dirigenten.
Es regnete rote Rosen für den außerordentlichen und geliebten Generalmusikdirektor Yordan Kamdzhalov der hier in seiner Amtszeit als Chef in Heidelberg überregionale und internationale Anerkennung für sein Haus und Orchester gewonnen hat. Große Erfolge mit „standing ovations“ feierte er kürzlich erst laut der Presse unter anderem in Tokio, bei der Südwestdeutschen Philharmonie in Bregenz und beim Zentralen Europäischen Festival. Eine faszinierende musikalische Epoche von einem Visionär geht in Heidelberg zu Ende.
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